
Die Boten-RNA bringt genetische Informationen mithilfe von molekularen Motoren an Ort und Stelle.... Die sogenannte Boten-RNA ist entscheidend für das Funktionieren von Zellen. Mit ihr gelangt die Information der DNA im Zellkern an ihren Einsatzort. So haben Nervenzellen beispielsweise lange Fortsätze, zu denen die RNA erst aktiv transportiert werden muss, damit etwa die Verknüpfung von Nervenzellen richtig funktioniert. Die Boten-RNA ist auf ein ausgeklügeltes Transportsystem im Zellinnern angewiesen, um ihren Zielort erreichen zu können. Dierk Niessing, Forschungsgruppenleiter am Institut für Strukturbiologie (STB) des Helmholtz Zentrums München und Professor am Biomedizinischen Centrum der LMU hat nun erstmals hochaufgelöste Aufnahmen von der Struktur dieses makromolekularen Vorgangs gemacht. Im Rahmen der DFG-Forschergruppe „Makromolekulare Komplexe in der mRNA Lokalisation“ untersucht Dierk Niessing die Prozesse des molekularen Transportsystems der Zelle am Beispiel verschiedener Modellorganismen. In der aktuellen Studie haben er und die Erstautorin Franziska Edelmann, Doktorandin am STB, das molekulare Zusammenspiel am Beispiel der Bäckerhefe Saccharomyces aufgeklärt: Die hochaufgelösten Darstellungen zeigen schrittweise die strukturellen Veränderungen bei der spezifischen Erkennung und dem Transport der Boten-RNA. Die Forscher bauten den Proteinkomplex systematisch nach und hielten die strukturellen Vorgänge mithilfe der Röntgenkristallographie bildhaft fest. Durch die Aufnahmen wurde nun erstmals deutlich, dass die RNA ihre haarnadelartige Struktur verändert, sobald Bindungsproteine sie im Zellkern erkennen. „Es war für uns überraschend zu sehen, dass die RNA nicht nur von den Proteinen erkannt, sondern von ihnen in eine neue Form gezwungen, sozusagen festgetackert wird“, sagt Niessing. Damit die RNA transportiert wird, kommen Motorproteine ins Spiel. Sie klemmen sich außerhalb des Zellkerns mit Hilfe ungefalteter Adaptoren zwischen die RNA und stabilisieren den Komplex, wie die Aufnahmen der Forscher zeigen. So kann das Makromolekül auf langen Zytoskelett-Strängen wie auf Eisenbahnschienen zum Zielort transportiert werden. Die Ergebnisse der Arbeit sind laut den Autoren entscheidend für das Verständnis des zellulären Transportprozesses von RNAs, der in allen Lebewesen vorkommt, die über einen Zellkern verfügen. Ist der Transport gestört, kann die Zelle ihre Funktion nicht mehr erfüllen.
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Original-Publikation:Edelmann, F.T. et al. (2017): Molecular architecture and dynamics of ASH1 mRNA recognition by its mRNA-transport complex. Nature Structural & Molecular Biology, DOI: 10.1038/nsmb.3351 Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.
Das Institut für Strukturbiologie (STB) erforscht die Raumstruktur biologischer Makromoleküle, analysiert deren Struktur und Dynamik und entwickelt NMR-spektroskopie Methoden für diese Untersuchungen. Ziel ist es, molekulare Mechanismen der biologischen Aktivität dieser Moleküle und ihre Beteiligung an Krankheiten aufzuklären. Die Strukturdaten werden als Grundlage für die rationale Entwicklung kleiner Molekülinhibitoren in Verbindung mit Ansätzen der chemischen Biologie angewandt.
Die LMU ist eine der führenden Universitäten in Europa mit einer über 500-jährigen Tradition. Sie bietet ein breites Spektrum aller Wissensgebiete – die ideale Basis für hervorragende Forschung und ein anspruchsvolles Lehrangebot. Es reicht von den Geistes- und Kultur- über Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bis hin zur Medizin und den Naturwissenschaften. 15 Prozent der 50.000 Studierenden kommen aus dem Ausland – aus insgesamt 130 Nationen. Das Know-how und die Kreativität der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bilden die Grundlage für die herausragende Forschungsbilanz der Universität. Der Erfolg der LMU in der Exzellenzinitiative, einem deutschlandweiten Wettbewerb zur Stärkung der universitären Spitzenforschung, dokumentiert eindrucksvoll die Forschungsstärke der Münchener Universität.