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Fragile Gemeinschaft bei gesteigerter Eisenzufuhr

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Schmitt-KopplinProf. Philippe Schmitt-Kopplin, Quelle: Helmholtz Zentrum München
Neuherberg, 22. Februar 2016. Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen leiden sehr... „Die Eisenzufuhr hatte sowohl oral als auch intravenös einen sehr deutlichen Einfluss auf das Mikrobiom des Darms“, sagt Prof. Dirk Haller, Direktor des Zentralinstituts für Ernährungs- und Lebensmittelforschung (ZIEL) der Technischen Universität München.  Diese Beobachtung sei insofern bemerkenswert, weil die intravenöse Gabe den Eisengehalt im Darm wiederum nicht beeinflusste. An der dreimonatigen Studie waren auch Wissenschaftler der Abteilung Analytische Biogeochemie (BGC) des Helmholtz Zentrums München um Prof. Philippe Schmitt-Kopplin beteiligt. Dieser ist mittlerweile Vollmitglied des ZIEL und stärkt so an der Schnittstelle zur TU München die Zusammenarbeit beider Institutionen in den Bereichen Ernährung, Mikrobiom und Gesundheit.

Erste Humanstudie zur Darmflora unter Eisengabe

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind die beiden häufigsten Formen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen und nicht heilbar. „Der Charakter dieser Krankheiten ist wesentlich komplexer als bei Infektionen. Wir wissen nicht, welche Bakterien in welcher Gemeinschaft beteiligt sind“, erklärt Haller. Die Studie habe bestätigt, wie sensibel das Mikrobiom des Darms auf eine Eisenzufuhr reagiert –  besonders bei Patienten Morbus Crohn. Bisher war nur bei Versuchen mit Mäusen eine deutliche Veränderung der Darmflora durch eine Eisenersatz-Therapie nachgewiesen worden. Eine Humanstudie fehlte bisher.

Intravenöse Eisengabe für Patienten mit Morbus Crohn

Die 72 Probandinnen und Probanden der Studie waren an einem kanadischen Krankenhaus ausgewählt worden: 31 von ihnen sind Morbus Crohn-Patienten, 32 leiden an Colitis ulcerosa und 19 aus anderen Gründen an Anämie, der so genannten Blutarmut. Die eine Hälfte der Teilnehmer wurde oral mit Eisensulfat behandelt, die andere Hälfte erhielt Eisen intravenös.  Vor und nach der Therapie wurden Stuhlproben genommen und die Bakteriengemeinschaften sowie Stoffwechselprodukte gemessen.

Die kurzzeitige Eisenbehandlung führte in dem kurzen Behandlungszeitraum zu keiner Verschlimmerung der Darmerkrankung. "Trotzdem kann der Schluss gezogen werden, dass vor allem Morbus Crohn Patienten mit einer instabilen Darmflora von der intravenösen Eisensupplementierung profitieren, weil bei der intravenösen Gabe in der Regel auftretende Nebenwirkungen offenbar ausgeschlossen werden können", sagt Haller.

Beispielhafte Kooperation zwischen ZIEL und Helmholtz Zentrum

Für den ZIEL-Geschäftsführer Haller ist die Studie ein beispielhaftes Kooperationsprojekt, um Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung auf die humane Forschung zu übertragen: Im ZIEL waren im vergangenen Jahr die Voraussetzungen geschaffen worden, um das Thema Mikrobiom und Gesundheit auf hohem Niveau bearbeiten zu können. Damit sollen Ressourcen gebündelt und internationale sowie interdisziplinäre Forschungsvorhaben intensiviert werden. „Bei dieser Studie haben wir mit unserer Kernexpertise auf dem Gebiet des Mikrobioms viele Ressourcen vereint“, sagt Haller – „und Möglichkeiten für die Forschung genutzt, die wir nun weiterführen werden.“

Weitere Informationen

Original-Publikation:
Lee, T. et al. (2016). Oral versus intravenous iron replacement therapy distinctly alters the gut microbiota and metabolome in patients with IBD. Gut, doi:10.1136/gutjnl-2015-309940
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 500 Professorinnen und Professoren, rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und 39.000 Studierenden eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, ergänzt um Wirtschafts- und Bildungswissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit einem Campus in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006 und 2012 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.  Die selbstständige Abteilung Analytische Biogeochemie (BGC) untersucht molekulare Wechselwirkungen von Stoffen in Biogeosystemen. Hochauflösende Methoden der organischen Strukturaufklärung ermöglichen zusammen mit Trennverfahren und mathematischen Methoden eine präzise raum- und zeitauflösende Analyse. Ziel ist es, das Verständnis  der molekularen Abläufe in Ökosystemen und die Bestimmung von Biomarkern in Organismen zu verbessern. BGC gehört dem Department of Environmental Sciences an.

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