DePick identifiziert Zielstrukturen, an denen kleine Moleküle ihren Effekt zeigen. Quelle: Dr. Mónica Campillos / HMGU Neuherberg, 17. Oktober 2016. Um neue pharmakologisch aktive Moleküle zu identifizieren, haben sich... Um neue Arzneimittel zu entwickeln, untersuchen Forscher Bibliotheken von Tausenden an Molekülen mit Hilfe eines zellbasierten Testsystems. Anhand von Farbreaktionen wählen sie Substanzen mit der erwünschten Eigenschaft aus. Diese sogenannten Phänotyp-basierten zellulären Ansätze haben gegenüber Target-basierten Modellen* einen entscheidenden Vorteil. In erster Linie können Wissenschaftler den Effekt von Substanzen auf Krankheitsprozesse besser untersuchen. Bleibt als Herausforderung, vom Phänotyp Rückschlüsse auf Zielstrukturen zu ziehen, an denen Pharmaka wirken.
Mit DePick Zusammenhängen auf der Spur
„Um dieses Problem zu lösen, haben wir DePick entwickelt“, sagt Dr. Mónica Campillos. Sie leitet die Nachwuchsgruppe “Systems Biology of Small Molecules“ am Institut für Bioinformatik und Systembiologie (IBIS) des Helmholtz Zentrums München. Weitere Projektpartner waren das Comprehensive Pneumology Center am Helmholtz Zentrum München und die National University Singapore. DePick führt eine sogenannte Dekonvolution (Entfaltung) durch. „Dabei handelt es sich um einen Ansatz, der auch in der Signal- und Bildverarbeitung Anwendung findet“, erklärt Campillos. Ziel sei, über eine mathematische Transformation zugrundeliegende Faktoren von Beobachtungen zu bestimmen. Campillos weiter: „Mit DePick können wir ausgehend von phänotypischen Merkmalen Zielstrukturen identifizieren, an denen kleine Moleküle ihren Effekt zeigen.“
Neue Assoziationen entdeckt
Zusammen mit Kollegen unter Leitung von Dr. Andreas Ruepp (IBIS) und Dr. Dr. Melanie Königshoff, Leiterin der Abteilung „Lung Repair and Regeneration“ am Helmholtz Zentrum München hat die Forschungsgruppe von Mónica Campillos acht frei verfügbare Testsysteme untersucht. Damit gelang es, 59 Assoziationen zwischen Phänotyp, Arzneistoff und Target herzustellen – auch einen bislang unbekannten Zusammenhang. Der Wnt-Signalweg** und die Aromatase CYP19A1*** stehen miteinander in Wechselwirkung. „Das Beispiel zeigt, wie sich durch Kombination mathematischer Methoden mit Tests, die auf einem Phänotyp beruhen, bislang unbekannte Zusammenhänge aufzeigen lassen“, so Königshoff.
Weitere Informationen
Publikation: Liu, X. et al., Systematic identification of new pharmacological targets from small molecule phenotypic screens. Cell Chemical Biology, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.chembiol.2016.08.011
DePick steht als DownloadOnline-Service (http://mips.helmholtz-muenchen.de/Depick/assays.jsp) zur Verfügung.
* Als Target (Zielort, Angriffspunkt) bezeichnet man eine biologische Struktur, an der Arzneistoffe angreifen. Passende Moleküle werden am Computer entwickelt, sobald die Struktur des Targets bekannt ist.
**Der Wnt-Signalweg ist einer von vielen Wegen zur Weitergabe von Signalen, durch die Zellen auf äußere Veränderungen reagieren können. Der Signalweg ist nach seinem Hauptakteur „Wnt“ benannt, einem Signalprotein, das als lokaler Vermittler eine wichtige Funktion bei der Entwicklung verschiedener tierischer Zellen einnimmt. An der Weiterleitung der Signale sind zahlreiche Proteine beteiligt, darunter das beta-Catenin.
*** Die Aromatase CYP19A1 ist ein Enzym, das die Umsetzung von Testosteron zu Estradiol und von Androstendion zu Estron (Aromatisierung) katalysiert. Dies ist der letzte Reaktionsschritt bei der Biosynthese der Estrogene.
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.
Schwerpunkt des Instituts für Bioinformatik und Systembiologie (IBIS) ist die Genom-orientierte Bioinformatik, bei der eine systematische Analyse der genetischen Information erfolgt. In diesem Rahmen werden Genomverschlüsselungen, Expressionsmuster und Proteomics untersucht. Dabei entwickelt und überprüft IBIS bioinformatische Methoden. Das IBIS verwaltet außerdem das Munich Information Center for Protein Sequences (MIPS), das genetische Datensätze enthält sowie Vergleichsanalysen von mikrobiotischen und pflanzlichen Genomen.
Das Comprehensive Pneumoloy Center (CPC) ist ein Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Das CPC führt mit der Untersuchung zellulärer, molekularer und immunologischer Mechanismen von Lungenerkrankungen den Schwerpunkt der experimentellen Pneumologie an. Ziel des CPC ist die Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und therapeutische Strategien zu entwickeln. Das CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).
Die Abteilung Lung Repair and Regeneration gehört dem Comprehensive Pneumoloy Center (CPC) an, einem Zusammenschluss des Helmholtz Zentrums München mit dem Universitätsklinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München und den Asklepios Fachkliniken München-Gauting. Ziel des CPC ist die Erforschung chronischer Lungenerkrankungen, um neue diagnostische und therapeutische Strategien zu entwickeln. Die Abteilung LRR untersucht neue Mechanismen um Reparaturprozesse der Lungen besser zu verstehen und so neue therapeutische Ansätze zu entwickeln. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung neuer Methoden um die Lücke zwischen der präklinischen Forschung und deren Anwendung am Patienten zu verringern. Das CPC ist ein Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL).