Quantcast
Channel: Helmholtz Zentrum München
Viewing all articles
Browse latest Browse all 610

Maria Elena Torres-Padilla als New Champion beim Weltwirtschaftsforum

$
0
0
Torres-PadillaProf. Dr. Maria Elena Torres-Padilla, Quelle: Helmholtz Zentrum München
Tianjin & Neuherberg, 21. Juli 2016. Neben seinem Treffen Anfang des Jahres in Davos tagte das... Frau Torres-Padilla, welche Eindrücke nehmen Sie mit aus Tianjin?
“Das Forum war eine bemerkenswerte Ansammlung von Vordenkern zu einer Vielzahl globaler Themen aus über 80 Ländern. Ohne Zweifel orientierten sich die Diskussionen beim WEF-Treffen an den dringendsten Bedürfnissen und Fragestellungen unserer Gesellschaften - insbesondere im Zusammenhang mit der sogenannten vierten industriellen Revolution. Es ist beeindruckend, dass die führenden Köpfe der Welt für drei Tage zusammenkommen, um zu diskutieren und zu entscheiden, welche dringenden Themen gemeinsam angegangen werden sollten – von Politik über Investitionen bis nicht zuletzt hin zu Technologien und Forschungsfeldern. Global denkende Menschen sprechen die gleiche Sprache!“ Wo liegen die großen biomedizinischen Herausforderungen der Zukunft? „Auf dem Forum wurden zehn Schlüsseltechnologien für 2016 identifiziert. Darunter waren sowohl die Optogenetik als auch die Modellierung von menschlichen Organen, um biologische Mechanismen zu verstehen. Zudem wurden die ethischen und rechtlichen Implikationen von gentechnischen Eingriffen sowie der 3D Druck von Medikamenten umfassend diskutiert. Klar ist, dass die Bausteine zur Lösung solcher Herausforderungen aus der Grundlagenforschung kommen müssen, die entsprechendes Wissen zu Tage fördern und in die Gesellschaft einbringen muss. Nur so kann die menschliche Gesellschaft neue Technologien und personalisierte Therapien effizient anwenden und deren Grenzen sowie zukünftige Anwendungen erfassen.“ Wie kann Ihre Arbeit an Stammzellen dabei einen Beitrag leisten? „Unsere eigene Arbeit befasst sich mit den frühen Anfängen des Lebens während der embryonalen Entwicklung. Wir möchten verstehen, wie die embryonalen Zellen das Potenzial besitzen können, sich in alle Zellen des neuen Organismus zu entwickeln, inklusive neuer Stammzellen. Obwohl es noch ein langer Weg ist, haben wir schon eine Menge gelernt über diese frühen Schritte der Entwicklung. Ich denke daher, dass wir einiges zur Debatte über den Einfluss als auch über die Limitierungen von genetischen Arbeiten an Embryos und in der Keimbahn beisteuern können. Diese Diskussion dauert schon eine Weile an und wird bislang in verschiedenen Ländern und Kontinenten unterschiedlich bewertet. Es ist entscheidend, dass eine transparente und offene Diskussion mit den richtigen Experten geführt wird, um einen globalen Blick für das Thema zu bekommen und kulturelle, rechtliche und technologische Rahmenbedingungen zusammenzubringen. Nur so wird man Fortschritte machen, von denen die Welt profitiert.“ Sie wurden unter anderem auch zur dortigen ERC Session “Fighting Superbugs” eingeladen. Was können Sie als Stammzellexpertin von der Infektionsforschung lernen?

„In den letzten Jahren war die Entwicklung von Antibiotika-Resistenzen ein Anlass zur Sorge im Gesundheitsbereich. Bei der Diskussion ging es um neue Ansätze, die uns helfen können, dieses Problem zu bekämpfen und ihm vorzubeugen. Forscher aus der Schweiz diskutierten beispielsweise eine Möglichkeit, das Immunsystem anzukurbeln. Sie beruht darauf, das ‚Schicksal‘ der Zellantwort während der Infektion zu verändern. Diese Weichenstellung für die Zellen und die molekularen Mechanismen, die dem zugrunde liegen, finden sich auch bei Stammzellen wieder, deren ‚Schicksal‘ sich ebenfalls bei der Reifung zu andere Zelltypen verändert. Während die genetische Grundlage, das Genom, bei allen Zellen die gleiche ist, können sich die Zellen erstaunlicherweise sich sehr unterschiedlich verhalten und entwickeln, je nachdem wie ihre epigenetische Programmierung ist. Das bedeutet, die Mechanismen, die es erlauben Einfluss auf das zelluläre Schicksal zu nehmen, sind letztlich die gleichen – sei es in Immun- oder in Stammzellen.

Dies ist ein sehr gutes Beispiel, was zeigt, dass Forschungsfelder die auf den ersten Blick weit voneinander entfernt scheinen – hier Forschung zu Antibiotika-Resistenzen und an Stammzellen – eigentlich miteinander verbunden sind, weshalb es für Forscher wichtig ist, offen gegenüber anderen Disziplinen zu sein und einen globaleres Bild zu entwickeln – zum Wohle der Gesellschaft. Das WEF Meeting hat mir deutlich gezeigt, dass das Zusammenbringen von verschiedenen Stakeholdern an einen Tisch es erlaubt, einen globaleren Blick auf die Schlüsselthemen mit ihren Nutzen und Grenzen zu bekommen und gemeinsam den Weg in die Zukunft zu ebnen. Meiner Meinung nach sollte man dieses Konzept auch in größeren Forschungszentren wie dem HMGU übernehmen, um den Beitrag der Grundlagenforschung zur Gesundheit und der Gesellschaft als Ganzes zu verstärken.
 

Ihre Berufung ist ein Teil der verstärkten Aktivitäten des Helmholtz Zentrums München im Stammzellbereich. Was war für Sie ausschlaggebend für den Wechsel an die Isar?

„Die strategische Entscheidung des Helmholtz Zentrums München, die Stammzell- und Epigenetik-Forschung zu verstärken, sowie die hohe Dichte an Spitzenforschern waren für mich entscheidend. Wir wollen nun den frischen Schwung nutzen, um den aktuellen Forschungsstand voranzubringen und die molekularen Mechanismen von Totipotenz und epigenetischer Reprogrammierung zu verstehen. Dies könnte zu zahlreichen therapeutischen Anwendungen führen – wie etwa in der regenerativen Medizin.“
Zur Forscherin: Torres-Padilla gilt weltweit als anerkannte Expertin auf dem Gebiet der Chromatinforschung. Vor allem der Einfluss der Epigenetik während der frühen embryonalen Entwicklung steht im Forschungs-Fokus der neuen Institutsleiterin. „Wir möchten verstehen, wie die frühe Entwicklung bei Säugetieren genau reguliert wird und wie sich während dieses Programms das Chromatin neu organisiert, um die Genexpression zu verändern“, erklärt Torres-Padilla den Kern ihrer Arbeit. Bisher arbeitete die Mexikanerin, die auch Mitglied der renommierten Europäischen Organisation für Molekularbiologie (EMBO) ist und Fördergelder des Europäischen Wissenschaftsrates (ERC) erhält, mit ihrem Wissenschaftlerteam am Institut de Génétique et de Biologie Moléculaire et Cellulaire (IGBMC) in Straßburg. Hier leitete sie die Gruppe Epigenetics and Cell Fate in Early Mammalian Development.

Warum manche Zellen alles können

Die Forscherin interessiert sich vor allem für die sogenannte Totipotenz, also die Eigenschaft früher embryonaler Zellen, sich in alle anderen Zelltypen entwickeln zu können, die der Körper einmal braucht – einschließlich der Stammzellen. Um dieses Phänomen sozusagen aus nächster Nähe zu beobachten, verwendet Torres-Padilla ein experimentelles Modell, welches es erlaubt, die Veränderungen im Zellkern einzelner Zellen in vivo zu untersuchen.
Das neue Institut ist einen wichtiger Baustein des Stammzellzentrums am Helmholtz Zentrum München, welches auf dem Campus in Großhadern lokalisiert ist, um die direkte Interaktion mit der Klinik zu erleichtern. Das Stammzellzentrum bündelt alle Aktivitäten zur Erforschung von Gewebe-Degeneration und -Regeneration über Institutsgrenzen hinweg. Die inhaltliche Spannbreite reicht von der Grundlagenforschung bis hin zur Translation.

Weitere Informationen

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. Das Helmholtz Zentrum München ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung e.V. Das Institut für Epigenetik und Stammzellen (IES) befasst sich mit der Erforschung und der Charakterisierung früher Ereignisse in der befruchteten Eizelle von Säugern. Die Wissenschaftler interessieren sich vor allem für die Totipotenz der Zellen, die im Laufe der Entwicklung verloren geht, und wollen aufklären, welche Veränderungen im Zellkern zu diesem Verlust führen. Ziel ist, ein besseres Verständnis der molekularen Abläufe zu bekommen und dadurch therapeutische Ansätze zu entwickeln, diese zu beeinflussen.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 610