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Defekte Coenzym-Reparatur führt zu neurologischer Erkrankung

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Grafik: Wikipedia
Fehler beim körpereigenen Reparatursystem für Coenzyme verursachen eine neurometabolische... Fehler beim körpereigenen Reparatursystem für Coenzyme verursachen eine neurometabolische Erkrankung. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München beziehungsweise der Technischen Universität München im American Journal of Human Genetics. In den letzten Jahren haben sich Forscher intensiv mit Schäden an DNA-Molekülen und Proteinen befasst. Auch deren Reparatur war Thema unzähliger Veröffentlichungen. Jetzt nahmen Laura S. Kremer und Holger Prokisch Schäden an Coenzymen unter ihre Lupe. Sie arbeiten am Institut für Humangenetik des Helmholtz Zentrums München beziehungsweise der Technischen Universität München.

Moleküle ohne Funktion

„Schäden an Molekülen des Energiestoffwechsels können entweder spontan oder als Nebenprodukte bei enzymatischen Reaktionen entstehen“, erklärt Kremer. Veränderte chemische Stoffe wirken zum Teil toxisch auf Zellen. So auch die hydratisierte Form der Coenzyme NADH und NADPH*: NADHX und NADPHX. „Während NADH und NADPH als Redoxäquivalente* an vielen zellulären Prozessen beteiligt sind, können NADHX und NADPHX diese Rolle im Elektronentransport nicht mehr übernehmen“, erklärt Prokisch. „Im Gegenteil, sie inhibieren sogar wichtige Dehydrogenasen und schädigen somit Zellen.“

Neurologische Erkrankung durch beschädigte Coenzyme

Um diese toxische Wirkung zu verhindern, hat sich in der Zelle ein effizientes NAD(P)HX-Reparatursystem entwickelt, das aus zwei Enzymen, nämlich NAXD und NAXE**, besteht. Die klinische Relevanz dieses Reparatursystems war bisher unbekannt. Kremer: „Mittels Exom-Sequenzierung** fanden wir pathogene Varianten in NAXE bei bestimmten Patienten.“ Die Betroffenen litten unter akuter Ataxie, Myelopathie, Hautläsionen und zerebellaren Ödemen. Viele verstarben bis zum dritten Lebensjahr. In ihren Hautzellen wurde eine stark erhöhte Konzentration des toxischen Moleküls zyklisches NADHX nachgewiesen, was auf das Fehlen des NAXE-Proteins und damit einer fehlerhaften NADHX-Reparatur zurückzuführen ist. Interessanterweise treten Hautläsionen auch bei anderen Erkrankungen, die durch einen gestörten NAD-Metabolismus verursacht werden, auf. So z.B. bei Pellagra, die durch einen chronischen Mangel an Nicotinsäure, eine Vorstufe von NAD und NADP, verursacht wird, aber auch bei weiteren pellagra-ähnlichen genetischen Erkrankungen. „Da bei diesen Erkrankungen Verabreichung von Nicotinsäure einen therapeutischen Effekt zeigt, bleibt nun zu untersuchen, ob dies auch für Patienten mit NAXE-Defiziens zutrifft“, erklärt Prokisch.

Weitere Informationen

Original-Publikation: Laura S. Kremer et al. (2016): NAXE Mutations Disrupt the Cellular NAD(P)HX Repair System and Cause a Lethal Neurometabolic Disorder of Early Childhood. American Journal of Human Genetics, doi: 10.1016/j.ajhg.2016.07.018. Link zum Abstract  * Nicotinamidadenindinukleotid (NAD) ist ein Coenzym, das an zahlreichen Redoxreaktionen des Stoffwechsels der Zelle beteiligt ist. ** NAD(P)HX Epimerase (NAXE) ist ein Enzym, welches die Umwandlung von R-NAD(P)HX in S-NAD(P)HX katalysiert. S-NAD(P)HX kann anschließend von dem Enzym NAD(P)HX Dehydratase (NAXD) in NAD(P)H überführt werden.  Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. Am Institut für Humangenetik (IHG) stehen die Identifizierung und funktionelle Charakterisierung von Genen, die Krankheiten verursachen, im Mittelpunkt der Forschung. Dabei werden Genmutationen, Genvarianten und die Gen-assoziierten Signalwege untersucht. Inhaltliche Schwerpunkte bilden Endokrinopathien, Herzrhythmusstörungen, neurologische Störungen sowie Mitochondropathien. Durch die Kenntnis krankheitsverursachender Genvarianten lassen sich Konzepte für neue Therapieansätze entwickeln. 

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