
Ein Drittel aller Gene des Säugetier-Genoms sind überlebenswichtig und viele der hier gefundenen,... Forscher des International Mouse Phenotyping Consortiums, darunter auch Wissenschaftler des Instituts für Experimentelle Genetik (IEG) des HMGU, haben die Phänotypen lebenswichtiger Gene im Embryonalstadium untersucht und neue Einblicke in die Funktion dieser Gene gewonnen.
Die Charakterisierung von 1751 Genen führte zu der Entdeckung von 410 Genen, deren genetische Ausschaltung in der Maus die Entwicklung von Embryonen so stark beeinträchtigte, dass sie nicht lebensfähig waren. Mutationen in weiteren 198 Genen führten zu weniger Nachkommen. Die genetisch veränderten Embryonen wurden mittels einer neuen Methode untersucht, u.a. wurden 3D-Aufnahmen zu mehreren Zeitpunkten durchgeführt und die gewonnenen Daten computergesteuert analysiert. Dabei wurden die Ausprägungen neuer Gene charakterisiert sowie für bereits bekannte letale Gene neue Phänotypen gefunden.
Interessanterweise zeigte sich, dass viele der hier gefundenen, essentiellen Gene auch in humanen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen. In Zusammenarbeit mit dem ExAC Consortium (Lek et al., Nature 536, 2016) war es möglich zu zeigen, dass die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind und die entsprechenden humanen Gene ‚Kandidaten-Gene‘ für humane genetische Erkrankungen darstellen könnten.
„Unsere Studie eröffnet nicht nur im Bereich der Embryologie Neuland. Besonders interessant sind die Erkenntnisse auch im Hinblick auf die Planung von neuen Therapiestrategien. Das neue Wissen um lebenswichtige Gene und deren Signalkaskaden wird bei der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden von menschlichen Erkrankungen sehr wichtig, um mögliche Nebenwirkungen bereits in der Planungsphase auszuschließen“, sagt der deutsche Studienleiter und Co-Initiator des Projektes Prof. Dr. Martin Hrabě de Angelis vom Helmholtz Zentrum München und der Technischen Universität München.
Ein wichtiger Beitrag für die wissenschaftliche Gemeinschaft ist die Bereitstellung aller gewonnenen Daten durch das IMPC-Webportal (www.mousephenotype.org). Dies ermöglicht Wissenschaftlern aus aller Welt, die Ergebnisse dieser Studie gezielt für weitere interessante Forschungsprojekte zu verwenden.
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Original-Publikaiton: Maja Bućan & Stephen A. Murray et al.: High-throughput discovery of novel developmental phenotypes; Nature, DOI:10.1038/nature19356Link zur Publikation
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören.
Die German Mouse Clinic im Institut für Experimentelle Genetik am Helmholtz Zentrum München ist ein Mitglied des International Mouse Phenotyping Consortium (insgesamt 18 Forschungseinrichtungen; www.mouesphenotype.org), mit dem Ziel gemeinsam mit seinen Partnern die Funktionen aller Protein-kodierenden Gene des Maus-Genoms zu erforschen. Das Konsortium ist besonders an den 20.000 gemeinsamen Genen Mensch/Maus interessiert, um gezielt eine Plattform zur Erforschung der Mechanismen humaner Erkrankungen bereitzustellen.
INFRAFRONTIER ist die europäische Forschungsinfrastruktur für die Entwicklung, Phänotypisierung, Archivierung und Verteilung von Säugetiermodellen. Sie ermöglicht Forschern weltweit einen zentralen Zugang zu umfassenden Ressourcen, die von europäischen Spitzenforschungs-Einrichtungen in fünfzehn europäischen Ländern bereitgestellt werden. INFRAFRONTIER bereitet somit die Grundlage zur Erforschung der genetischen Ursachen menschlicher Erkrankungen.